Die Entfesselung des Prometheus. Selbstbehauptung und Kritik der Künstlerautonomie von Goethe bis Gide.

33 S. Einband lichtrandig, kl. Flecken auf der Rücseite, viele Anstr., sonst sauber. - Aus dem Text: Als der kunstsinnige Graf Shaftesbury zu Beginn des 18. Jahrhunderts einem jungen Autor den beiläufigen Rat gab, er könne es dahin bringen, "a just Prometheus under Jove" zu sein, da war noch nicht abzusehen, daß schon ein Menschenalter später ein junges Dichtertalent rundheraus erklären würde, er sei es, und nicht genug damit: Zeus möge sich in sein Gewölke zurückziehen, die Menschenwerkstatt sei nun seine Sache. In dieser Statur, die der fünfundzwanzigjährige Goethe ihm gab, steht Prometheus seither vor unseren Augen, ein Empörer und ein erfinderischer Menschenbeglücker dazu, und von ferne erinnert man sich der qualvollen Strafe, die er an einem Felsen im Kaukasus zu erleiden hatte, weil er den Menschen das Feuer brachte. Seit um die Mitte jenes Jahrhunderts die griechische Antike insbesondere unter den Deutschen zum Mutterschoß der abendländischen Kultur erkoren wurde, ist dieser zornig-schöpferische Prometheus als eines der Leitbilder großen Künstler- und Märtyrertums in unseren Bildungkanon eingegangen, und so ist auch in der Literaturwissenschaft der Weg von Shaftesbury zu Goethe schon seit mehr als hundert Jahren zu einer Pilgerstraße geworden, auf der Koryphäen und Doktoranden einander die Stationen vorweisen, an denen der neue Umgang mit dem Prometheus-Mythos den Aufstieg der deutschen Literatur zu ihrer klassischen Höhe um 1800 anzeigt.