Sie meinten`s herzlich gut : Berühmte Leute und ihre schrecklichen Eltern von Jörg Zittlau

gebrauchsspuren, einband an den kanten bestoßen, papiergebräunte seiten und schnitt. Vorwort: Wie viel Eltern braucht ein Genie?, ich habe niemals eine Mutter gehabt... Welche Eitelkeit habe ich verletzen können, ich neugeborenes Kind? Durch welche physische und psychische Minderwertigkeit zog ich mir die Kälte meiner Mutter zu? War ich ein Kind der Pflicht, dessen Geburt zufällig war oder dessen Leben ein Vorwurf ist?Balzac war bereits sechsunddreißig Jahre alt, doch sein Zorn auf Mutter Laure schwelte immer noch. Sie hatte seinerzeit abgelehnt, den kleinen Honorc zu stillen, und ihn zu einer Amme aufs Land geschickt. Dort wurde er dann schlichtweg vergessen: »Als ich in das väterliche Haus zurückkam, wurde ich so wenig beachtet, dass ich das Mitleid der Leute erweckte.«Balzac kam niemals darüber hinweg. Trotzdem war seine Mutter für ihn auch eine große Inspiration. Wie etwa in dem Roman Die Lilie im Tal. Die herrische, eitle Matriarchin, die dort ihr Kind tyrannisiert und kein Verständnis für seine Träumereien hat - sie ist das literarische Denkmal der Laure Balzac. Aus dem schwierigen Verhältnis zu seiner Mutter erklärt sich auch Balzacs an Besessenheit grenzender Arbeitseifer: Wenn er schon nicht ihre Liebe gewinnen konnte, wollte er sich wenigstens die Liebe der Leser verienen. In wahren Buchstabenorgien füllte er Seite um Seite, Buch um Buch - allein der Magen des Autors blieb leer. Wochenlang konnte Balzac während seiner Schaffensperioden fast ohne Essen auskommen. Seinen Geist schmierte er mit Kaffee, von dem er bis zu vierzig Kännchen pro Tag in sich hineinkippte. Auch in der Verweigerung der Nahrungsaufnahme zugunsten des schöpferischen Prozesses kann man die frühe Ablehnung durch die Mutter wiederfmden: Er wollte ihr, die ihn nicht stillen wollte, und eigentlich der ganzen Welt zeigen, dass er ihre Brust nicht brauchte, dass er überhaupt auf jegliche Nahrung verzichten konnte.Das war ein Irrtum. Denn dem obsessiven Schaffen folgte regelmäßig exzessives Essen und Trinken, so dass sich der ausgemergclte Körper des Schriftstellers binnen kurzem in einen aufgeblasenen Ballon verwandelte, um dann in der nächsten Schreiborgic wieder in sich zusammenzufallen. Am Ende freilich war Balzac, ein Opfer des typischen Jojo-Effekts, nur noch fett.Das kaputte Genie und sein kaputtes Elternhaus -was klingt wie das Thema eines Romans von Balzac, ist keine Fiktion, auch kein Klischee, sondern historische Realität. Denn der französische Romancier war keine Ausnahme. Die gesamte Weltgeschichte wurde in großem Maße von Menschen mit unglücklicher Kindheit und unfähigen Eltern geprägt. Es gibt sie in Kunst und Musik, in Literatur und Philosophie, in Politik und Sport, im Altertum genauso wie in heutigen Tagen.. Kapitel 1: Schläger und Despoten, Martin Luther: »Man muss Kinder stäupen und strafen«, Friedrich der Große: Verdammt zu Preußens Glorie, Josef Stalin: Vom kleinen Sosselo zum Massenmörder, Adolf Hitler: Das Monster aus dem Tiefkühlparadies, Ludwig Wittgenstein: Selbstmord ist immer eine Schweinerei, Kapitel 2: Drillmeister und Kindheitsräuber, Wolfgang Amadeus Mozart: Ein Wolferl ohne Kindheit, John F. Kennedy: »Wenn du nicht der Chef sein kannst, spiele nicht«, Elizabeth Taylor: Zu alt für Scarlett O` Hara, Michael Jackson: Kranführers Traum, Andre Agassi: Im Tie-Break mit sich selbst, Kapitel 3: Egoisten und Ignoranten, Alexander der Große: Wer will schon nach Troja? , Arthur Schopenhauer: »Ich kenne die Weiber« , Ernest Hemingway: Torero mit Spitzenhäubchen , Edith Piaf: Ein Spatz übt Rache, Drew Barrymore: Die Last der Dynastie, Kapitel 4: Feiglinge und Fatalisten, Clara Schumann: Zwei Männer und ihr Wunderkind, Friedrich Nietzsche: »Alles am Weibe ist ein Rätsel« , Kurt Tucholsky: Die Leiden des Kaspar Hauser , Anais Nin: Alles nur ein Traum?Salvador Dali: Die Nr. 2, die alles durfte"Auszüge aus dem Buch

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