Startverbot von Siegfried Dietrich

starke gebrauchsspuren, einband an den kanten bestoßen beschabt, teils bechädigt , papiergebräunte seiten und schnitt. Der Himmel leuchtete in einem unwahrscheinlich klaren Blau Gleich dicken Wattebäuschen türmten sich einige diddeht jenseits der Start- und Landebahn tickte da Hämmern eines Spechtes. Es war ein Tag, wie man ihn sich nicht schöner vorstellen konnte.Jupp Wendler lag lang ausgestreckt im saftigen Gras, lässig eine Zigarette im Mundwinkel haltend. Er war zu bequem, sie in die Hand zu nehmen.Jupp fühlte sich wohl, "sauwohl" nach seinen Begriffen. Behaglich dehnte er die Glieder. Das große Warenhaus in Berlin mit seinen schmucklosen Büros lag in weiter Feme. Gab es denn überhaupt noch grüne Bäume, zwitschernde Vögel und murmelnde Bäche? In der großen Stadt hatte er das fast vergessen.Am Wochenende fuhr Jupp Wendler zwar regelmäßig nach Niederlehme zum Segelflug-Stützpunkt der GST. Saß Jupp jedoch erst einmal im "Baby" und segelte in ihm den Wolken entgegen, dann hatte er keinen Sinn mehr für die Schönheit der Landschaft, die sich unter ihm ausbreitete.Jetzt aber wird er Berlin mit allen angenehmen und unangenehmen Seiten für sechs Monate vergessen. Er wird fliegen, nur noch fliegen!Allerdings wußte er nur zu gut, daß er auch am Werkstattdienst teilnehmen mußte, am praktischen und theoretischen Unterricht, am Morgenappell; daß auch er die festgesetzten Ausgehzeiten und ähnliche Gepflogenheiten, die er als äußerst unangenehm empfand, einhalten sollte. Eigentlich, so meinte er, sei das alles Blödsinn. Weshalb wurde er, ein erfahrener Kampfflieger, der noch manchem jungen Fluglehrer etwas vormachen konnte, wie ein Anfänger behandelt?Hatte er nicht Aerodynamik, Wetterkunde und dergleichen gepaukt? Hatte er nicht in den vergangenen Jahren seine Kenntnisse aufgefrischt? Und nun abermals Antreten und ähnliche "Scherze"? War er denn ein Rekrut, und war die Flugsportschule eine Kaserne? Jupp verzog das Gesicht Er wird heimkommen, wann es ihm angenehm sein wird. Verbot man ihm den geraden Weg, dann wurde er eben über den Zaun gehen. Schließlich hatte er auf diesem Gebiet in der Armee der Nazis genug Erfahrungen gesammelt. Nicht umsonst sei er sieben Jahre Soldat gewesen, sagte sich Jupp Wendler. Zu den besten Fliegern des Geschwaders hatte er gezählt. Als einer der ersten hatte er die Prüfung als Flugzeugführer abgelegt und war zum Unteroffizier befördert worden. Wie stolz war er auf seine silbernen Tressen gewesen und auf den Fliegerdolcfl, auf das Motallabzeichen, das er von Stund an auf der Brusttasche tragen durfte!Das machte Eindruck auf die Mädchen; und für Mädchen war Jupp von jeher zu haben. Das alles lag zurück.Jetzt war er in Trebenhagen, weit von der nächsten Stadt entfernt. Auch hier würde sich sicher eine finden, der er gefiel. Darum war Wendler nicht bange. Er hatte sich oft genug wohlgefällig im Spiegel betrachtet und dabei festgestellt: groß und kräftig gewachsen, schwarzes, gewelltes Haar und markante Gesichtszüge, so einen Mann, den sah jede gern. Viele Frauen waren ihm nachgelaufen. Viele waren ihm lieb gewesen. Aber für keine hatte er sich bisher endgültig entscheiden können. Inzwischen war er sechsund dreißig Jahre alt geworden. Allmählich kam die Zeit, ans Heiraten zu denken. Ewiger Junggeselle wollte er ja auch nicht bleiben. Es müßte allerdings ein Mädel sein, wie man es selten findet: ein guter Kamerad, der nicht schimpft, wenn der Mann übers Wochenende zum Segelfliegen fährt, sondern sich selbst für den Flugsport interessiert; eine Frau, gut gewachsen, hübsch und intelligent, mit Geschmack und angenehmen Umgangsforrnen. So eine, die würde er festhalten fürs Leben. - Jupp Wendler stellte hohe Ansprüche, und er glaubte, das Recht darauf zu haben. Freundinnen hatte er viele. Sein Beruf als Einkäufer brachte es mit sich, daß er viel auf Reisen ging. Ein nettes Mädchen fand sich überall. Gefiel sie ihm, so blieb er mit ihr in brieflicher Verbindung. Es waren ja fast immer die gleichen Städte, in denen er zu tun hatte, und es war angenehm zu wissen, daß man am Abend erwartet wurde.Einige dieser Bekanntsdiaften hatten annähernd Jupps Idealbild entsprochen; kam er aber in eine andere Stadt, so fand er stets ein Mädchen, das ihm noch besser gefiel, und seine anfängliche Begeisterung für die erste war schnell erloschen. Noch war Jupp Wendler mit sich und der Welt zufrieden. Als er so darüber nachsann, hörte er hinter dem Kiefernwald ein leises Drummen. JUPP blinzelte schläfrig und richtete sich auf. Vorerst nur ein kleiner schwarzer Punkt, kam das Motorflugzeug schnell näher. Sofort erwachte in Jupp Wendler das Interesse des Fliegers. Der Motor dort oben wurde gedrosselt, die Maschine schwebte ein und setzte genau neben dem Landekreuz auf. Jupp erwartete, daß noch einige Hopser folgten, aber der grau gestrichene Vogel rollte sacht aus und schwenkte rechts ab zum Hangar. .Saubere Landung!` dachte Wendler.Ohne Zweifel, Segelfliegen war schön. Das ruhige Gleiten durch die Lüfte, nichts als das Singen der Tragflächen im..."Auszüge aus dem Buch

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