Missachtung und Tabu. Eine Streitschrift zur Frage: Wie antisemitisch war die Gruppe 47?

323 S. Aus der Bibliothek von Prof. Wolfgang Haase, langjährigem Herausgeber der ANRW und des International Journal of the Classical Tradition (IJCT). - Zustand: Im sehr guten Zustand. - Inhalt: Der Vorwurf, die Gruppe 47 sei antisemitisch, ist so alt wie die Gruppe selbst. Er wird in diesem Buch nicht wiederholt. Denn dieser Vorwurf ist an und für sich, nicht nur im Fall der Siebenundvierziger, zu einem Stereotyp geworden, der die wichtigen Fragen, die an den deutschen Antisemitismus nach 1945 noch zu stellen sind, nicht einmaLberührt. Der für das Buch gewählte Untertitel dagegen, „Wie antisemitisch war die Gruppe 47?“, schiebt das Stereotyp beiseite. Das ist angesichts der Dokumente nötig. Sie sind in jeder Beziehung fragwürdig. Sie enthalten, was ein stereotyp erhobener Antisemitismus-Vorwurf unter Verschluß hält und überdeckt. Besuchen wir die Gruppe 47 im Archiv ihrer Selbstüberlieferung, so bekommen wir ihr hinter vorgehaltener Hand geführtes Selbstgespräch zu hören. Mit ihm aber sind jene verschlossenen Fragen in aller Schärfe aufgeworfen. Sie verweisen auf einen deutschen Kontext, der den historischen, noch nicht erstarrten Antisemitismus-Vorwurf gegen die Gruppe 47 in Deutschland wieder lebendig und auskunftsfähig machen dürfte. Wie zum Beispiel ist man mit den jüdischen Emigranten umgegangen? Warum diese notorische Haltung der Mißachtung gegen Juden und Judentum und die kaltschnäuzigen Ausdrucksformen dieser Haltung? Warum ist die großmächtige Entschuldungs-Kampagne des Alfred Andersch in den Gruppen-Manifesten 1946/47 nie besprochen, vielmehr beharrlich fortgesetzt worden? Warum wurde die Mitgliedsfrage: „Uns zugehörig?“ mit besonderer Sorgfalt gegenüber Juden gestellt, die sich bewußt als Juden der Gruppe genähert haben, und warum wurde sie z.B. gegen Hermann Kesten oder Paul Celan so verklemmt und niederträchtig ins Feld geführt? Warum konnte Hans Werner Richters Kriegsroman „Sie fielen aus Gottes Hand“ in der Gruppe (z.B. von Martin Walser) zum literarischen Muster erklärt werden - und das, obwohl dieser Roman ein Machwerk ist, das einen erwachsenen überlebenden Juden, den Partner eines Gesprächs mit dem Autor, in die Allegorie eines tumben Judenjungen einsperrt, eines absurden Todes sterben läßt und als Heimkehr-Engel nach Palästina schickt? Warum kehren deutsche Roman-Landser ohne jegliche Autor-Reflexion oder kritische Debatte in der Gruppe über jüdische Leichen heim, wie in Bölls „Wo warst du, Adam?“, einem Roman, den Joachim Kaiser noch 1966 wegen seines Mitleids mit einem mörderischen Lager-Kommandanten rühmt und spöttelnd gegen Wolfgang Hildesheimers diskreten Umgang mit Wehrmachts-Bildern ausspielt („Masante“), auf denen wir gewiß nicht zu Unrecht deutsche Soldaten am Rande jener Gruben zu sehen meinen? Warum haben alle Sprecher der Gruppe 47 jeglichen Anteil an einem deutschen Antisemitismus nach 1945, und sei es den Anteil einer Verantwortung für seine Aufarbeitung“, reflexartig von sich gewiesen, während aus den Gruppensitzungen jegliche andere als die , authentisch eigene Kriegs-Erinnerung ausgegrenzt blieb? Und was verbirgt das ritualisierte Grundgesetz, in der Gruppe über Grundsätzliches nicht zu diskutieren? ISBN 9783825703004