Die ganze Zeit - Zum 60. Jahr Suhrkamp Verlag.

302 Seiten das Buch noch vom Verlag eingeschweißt. Vor zehn Jahren (im Jahr 2000) war der Suhrkamp Verlag ein halbes Jahrhundert alt. Was seither geschehen ist, fühlt sich in der Rückschau manchmal nicht wie ein Jahrzehnt, sondern wie ein zweites halbes Jahrhundert an. Siegfried Unseld, der den Verlag erfunden hat, der dem Geist Gehör verschaffte, das Wort zur Geltung brachte, die Intellektualität populär machte, der den Verlag 43 Jahre lang leitete, starb. Selten hat es, seit dieser Verlag besteht, eine Zeit gegeben, in der so oft davon die Rede war, man könne mit vielem, das man bisher gemacht hat, nicht mehr weitermachen. Wer will noch Bücher schreiben und verlegen wie bisher, wenn der Buchhandel und das nicht in Gemischtwarenkonzerne integrierte Verlagswesen zu Randerscheinungen gemacht werden sollen? Wer will noch Bücher schreiben und verlegen wie bisher, wenn das Urheberrecht unter dem Eindruck neuer Technik langsam in Streifen gerissen wird, ohne daß jemand ein besseres erfindet? Wer will noch Bücher schreiben und verlegen wie bisher, wenn die Stimme der Dichter, Schriftsteller, Intellektuellen der ohnmächtiger Zwischenruf er gleicht und jene nicht einmal mehr, wie seit der Zeit der ersten Stammeshäuptlinge, als Propagandisten und Lobredner gebraucht werden, da man dafür das Fernsehen und die anderen Massenmedien auf seiner Seite weiß, Instrumente, die sich zum geschriebenen Wort verhalten wie die Atombombe zum Faustkeil? — Wenn aber das Falsche das Richtige derart an die Wand zu drücken sucht, was soll man dann anderes tun wollen als das Richtige eben?