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Leonid Andrejew

Autor von "Die Lüge, Erzählungen", "Das Joch des Krieges" und "Im Erdgeschoß" und weiteren Büchern.

Die einen bemängelten seine 'heiße', ungezügelte Phantasie, die anderen seine 'kalte', leblose Manier, den dritten schließlich war er ein Repräsentant der Dekadenz im vorrevolutionären Russland, dem jegliches 'Positive' abgehe. Ob 'tragischer Zeitungspoet' (Alfred Kerr) oder 'Altersgenosse des wesentlich schwächeren Maxim Gorki', der in seinen Werken 'unendlich mehr als nur ›russisches Kolorit‹ und Mitleidsdichtung' böte (René Schickele): Seine Veröffentlichungen polarisierten die zeitgenössische Kritikerwelt und Leserschaft; kaum einer, den seine Erzählungen und Theaterstücke nicht irritierte. Vergleichbar der großen Bandbreite der Urteile zu seiner Zeit verhält sich das Spektrum nachträglicher Etikettierungen: Vom Realisten Turgenjewscher Prägung ist hier ebenso die Rede wie vom Maeterlinckschen Symbolisten und vom Begründer des russischen Expressionismus. Wie dem auch sei: Die große Experimentierfreude Andrejews sowie die stilistische Vielfalt seines Oeuvres hat einen unverstellten Blick lange Zeit erschwert, mindestens ebenso wie ihr oft unbequemer, quer zu allen politischen Strömungen stehender Gehalt: mal mystisch, mal revolutionär, mal nihilistisch, mal pazifistisch, mal konservativ – die Reihe ließe sich fortsetzen. Geboren wird Leonid Nikolajewitsch Andrejew am 21. (nach russischer Zählung: 9.) August 1871 in Orjol, einer ca. 350 km südwestlich von Moskau liegenden Stadt, in der auch Nikolai Leskow vierzig Jahre zuvor das Licht der Welt erblickt hatte. Der Sohn eines aus der Oberschicht kommenden, im Regierungsdienst tätigen Landinspektors und einer aus Polen stammenden Adligen absolviert das dortige Gymnasium und studiert zwischen 1891 bis 1897 in St. Petersburg und Moskau Jurisprudenz. Im Zeitraum der nächsten fünf Jahre arbeitet Andrejew als Rechtsanwalt in Moskau, nicht zuletzt, um nach dem Tod des Vaters seine vier Geschwister sowie seine Mutter am Leben zu erhalten. Gerichtsreportagen für die Moskowski Vestnik und erste Erzählungen entstehen zu dieser Zeit, sein Freund Maxim Gorki führt ihn in die Moskauer Literaten- und Intellektuellenzirkel ein. 1901 wird schließlich sein erstes Buch, im Jahr darauf die berühmte, von Leo Tolstoi befehdete Erzählung Der Abgrund (Bezdna) veröffentlicht. In ihr bewältigte Andrejew einen früheren Suizidversuch nach unglücklicher Liebe. 1904, also während des russisch-japanischen Kriegs, folgt die Veröffentlichung eines seiner Hauptwerke, des pazifistischen Romans Das rote Lachen (Krasnyj smech): Kaum jemand habe eine 'schärfere und glänzendere Waffe' für den Frieden geschmiedet als Leonid Andrejew, schreibt verzückt (und ganz unpazifistisch) Bertha von Suttner im Geleitwort zur deutschen Ausgabe 1905. Zu diesem Zeitpunkt sitzt der Dichter jedoch schon in einem der Moskauer Gefängnisse ein, nachdem er – sein Buch hatte ihn mit den Sozialrevolutionären in engen Kontakt gebracht – von der zaristischen Geheimpolizei verhaftet worden war. Wieder auf freiem Fuß flüchtet Andrejew noch im gleichen Jahr aus Russland, u.a. findet er bei Maxim Gorki auf der Insel Capri Asyl. Auch in Berlin und Wien ist er bei Lesungen und der Aufführung seiner Schauspiele ein nicht selten gesehener Gast. Wenngleich seine besten Theaterstücke wie Anatema (Anathema) oder König Hunger (Car‘ golod) von der zaristischen Zensur verboten werden: In Moskau und Petersburg werden zahlreiche seiner Werke gegeben, keine geringeren als W. Nemirowich-Dantschenko oder W.E. Meyerhold inszenieren sie. Gemeinsam mit den Romanen und Erzählungen (u.a. Die Geschichte von den sieben Gehenkten/Rasskaz o semi povešennych) begründen die Theaterstücke den kurzlebigen Ruhm und bescheidenen Reichtum Andrejews. Wenige Jahre vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges errichtet sich der Dichter in der russischen Künstlerkolonie Kuokalla (heute Repnin), eine Tagesreise nordwestlich von St. Petersburg entfernt, ein großzügiges Domizil. Er verkehrt jetzt im Literatenkreis um Kornei Iwanowitsch Tschukowski, die Schriftsteller Iwan Bunin, Wladimir Korolenko und Alexander Kuprin zählen zu seinem nächsten Freundeskreis. In Kuokalla entsteht während des Ersten Weltkrieges sein zweiter pazifistischer Roman Das Joch des Krieges (Igno Voyny), der jedoch nicht in Russland, sondern in der neutralen Schweiz erstmals veröffentlicht wird. Befürworter der Revolution – gleichwohl jedoch ein vehementer Gegner der Bolschewiken –, verbleibt Andrejew 1917, nach dem Abfall Kareliens von Russland, in dieser nunmehr zu Finnland gehörigen Provinz. Nahezu vergessen stirbt Leonid Andrejew am 12. September 1919 in Kuokalla. Nach Ende der stalinistischen Ära und fast vierzig Jahre später wird der Leichnam des Dichters 1957 exhumiert. Auf den sog. Literatenbrücken des Wolkowo-Friedhofs in St. Petersburg, nahe den russischen Dichter-Heroen Turgenjew, Gonscharow und Leskow, findet er seine endgültige Ruhe.
Die Lüge  - Erzählungen
Die Lüge, Erzählungen
Hardcover
erschienen am 27.04.2022
Das Joch des Krieges  - Aus dem Russischen übersetzt von Hermynia zur Mühlen
Das Joch des Krieges
Hardcover
erschienen am 27.04.2022
Im Erdgeschoß  - und anderes
Im Erdgeschoß
Hardcover
erschienen am 27.04.2019
Der Gouverneur  - Aus dem Russischen übersetzt von August Scholz
Der Gouverneur
Hardcover
erschienen am 27.04.2019
Die Geschichte von den sieben Gehenkten  - Aus dem Russischen übersetzt von Lully Wiebeck
Die Geschichte von den sieben Gehenkten
Hardcover
erschienen am 27.04.2019
Das rote Lachen  - Fragmente einer aufgefundenen Handschrift
Das rote Lachen
Hardcover
erschienen am 27.04.2019
Das Joch des Krieges
Das Joch des Krieges
Softcover
erschienen am 05.07.2013
Der Gedanke
Der Gedanke
Hardcover
erschienen am 27.04.1999