Pferdegruß Erzählungen und Gedichte von Pferd und Reiter von Werner Bergengruen.

Gebrauchsspuren, OU mit Läsuren. Der Band vereinigt die schönsten Pferdegeschichten von Werner Bergengruen, unveröffentlichte und schon bekannte: Das Pferdeerlebnis ist so spannend und bunt in keines der Werke eines neueren Dichters eingegangen. Zwei Abschnitte hat es im Leben Bergengruens gegeben, in denen er mit Pferden zu tun hatte: Der erste war der Sommer der Jahrhundertwende den er in seinem Buch Die Rittmeisterin ausführlich beschrieben hat. Wie ein roter Faden zieht sich die erste Begegnung mit Tieren, das große Pferdeerlebnis seiner Kindheit, durch die Gespräche und Episoden des Buches, wobei die kindliche Welt des Spiels mit selbstgeschnitzten Pferden spätere Freundschaft und Liebe zu den Tieren ahnen lassen. Im ersten Weltkrieg diente Bergengruen bei der Kavallerie, und wie der Krieg unerbittlich das Leben von Mensch und Tier vernichtete, so erlebte Bergengruen aufs neue die kreatürliche Nachbarschaft von Mensch und Pferd. Ein langer Weg führt über die Reitergedanken bis zu jener eigentlichen Pferdephilosophie, die das rätselhafte und geliebte Geschöpf als etwas Lebendiges und zugleich Gewesenes umkreisen. Sie findet ihren letzten, ausgeprägtesten Ausdruck in den Rittmeister-Geschichten und namentlich im Pferdegruß. Durch die Schilderung sfeht sich wie ein roter Faden das große Pferdeerlebnis seiner Kindheit, die erste Begegnung mit wirklichen Pferden. Die kindliche Welt des Spieles mit selbstgeschnityjen Steckenpferden, das Huckepackreiten auf dem geliebten Mädchen Anze verschmelzen und verblassen zugleich mit dem ersten Reitunterricht und den Vorahnungen der ersten Liebe und bestimmen den Abschied von der Kindheit. In der «Rittmeisterin» sagt er darüber: « Warum erzählt man solche Sommergeschichten ? Warum habe ich meine Erinnerung gerade an diesen Sommer gehängt? Warum erhalten sich bestimmte Kinderbetten im Gedächtnis, und andere, die nicht ärmer schienen, gehen ohne Spur verloren ? Ich möchte vermuten, lebendig oder doch wiedererweckbar dauern jene fort, in denen schon etwas von den Ablaufsgesetyen des Künftigen sichtbar sich vorbildet - Erlebnisse, die, über Gestrüpp und Gewirr der Zufälligkeiten hinauswachsend, den Weltlauf, ob auch in den engsten Ausdehnungen, deutlicher als andere spiegeln.» Und in einer weiteren Deutung dieses Erlebnisses heißt es: «.. .Jeder von uns hat doch seine Einweihungen erfahren, diese Vorstufen der Mündigwerdung, jeder Zeiten erlebt, wo er einen plötzlichen Sprung machte - nein, wo in einer plötzlichen Sekunde um Sprungesweite vorgetrage wurde. Dieser erste, noch kinderhafte Liebesschmerz mich - in den Grenzen meiner Jahre - gereift.die Steckenpferde hatte ich zerbrochen, huckepack hatte mich niemand mehr tragen, und in einem reicheren . als zuvor hatte ich erfahren, daß der Mensch aufeinander zugeschaffen sind. Die kleine meine Einweiherin gewesen, sie hat mich aus der Kindheit hinaus geleitet und hinein in den Anfang ^ etwas schwer zu benennendem Neuen. Ja, sie ist nicht meine Rittmeisterin gewesen, sondern auch meine Von ihr angestoßen, hatte ich den Pegasus bestiegen der Steckenpferde und der beiden Gäule, von denen einer Anze bedeutete und vertrat.»Ganz von selber wird das Pferd zur symbolischen tu stellvertretenden Gestalt: es steht für Anze .es ist in seiner verhaltenen Kraft der Ausdruck für die erste, reine, knabenhafte Liebe, und so er scheint es im dichterischen Werk immer wieder im sammenhang mit dem großen Liebeserlebnis. Die in der Kindheit wurzelnden Eindrücke bestimmen unsere spateren Widerfahrnisse und drücken ihnen ihr Siegel auf. Werk des Dichters werden sie zum Symbol. Die reine, jungfräuliche Anze verwandelt sich in die Gestalt der Duschka in «Am Himmel wie auf Erden» und verrät ihr scheues und verhaltenes Liebeserlebnis unter dem Symbol des Pferdes. Die erste, ungebrochene Liebe lebt in der angeschriebenen Novelle». Als dämonische unzähmbare Gewalt spricht sie sich atmosphärisch in der Novelle «Der Flankierbaum.» aus. Es sind die «Pferde kräfte», die den Aufschwung der Seele in der Liebe beflügeln, und sei es auch selbst in einer so verschlüsselten Form, wie in der Erzählung von Ali Baba.Zugleich aber haben diese Ritte am Strande wohl den Keim gelegt für das Erleben großer Natur und manche dichterische Gestaltung bestimmt. Die Verschmelzung des Menschen mit dem Pferd mag später im «Lied der Kentauren» seinen Ausdruck gefunden haben, und der gleiche Ate tu lebt in den Hirtenliedern aus der Hortobägy-Pußta:«Steigt mein Pferd, so schlagen seine Hufe Sterne aus der schwarten Himmelsweide.»Hier wird nicht nur das große Liebeserlebnis, sondern auch seine schöpferische Zeugungskraft geschildert, wie sie als Symbol in der Gestalt des Pegasus zum Ausdruck kommt.Als der erste Weltkrieg begann, da war es für Werner Bergengruen eine Selbstverständlichkeit, daß er sich als Freiwilliger zur Kavallerie meldete. Freilich war die berittene Truppe im Grunde zum Untergang verurteilt. Lediglich im Anfang des Krieges kam es in Rußland noch Z" gerittenen Attacken, lange Zeit gab es noch Patrouillenritte, aber allmählich löste sich die berittene Truppe in anderen Formationen auf; die meisten Kavalleristen kamen zur Infanterie, weil die Spezialausbildungfür die Artillerie fehlte. Heute ist es schwer zu begreifen, daß die Kavallerieregimenter bis 1914 fortbestanden, da es doch eigentlich auf der Hand lag, daß die Entwicklung der Schußwaffen eine Verwendung in der alten Form unmöglich machte.Die Ausbildung- und Kriegsbeil bat im Werk Werner Bergengruens manchen Niederschlag gefunden. Das Gedicht: «Mein erster Patrouillenritt» hat noch den großen Atem des ersten jugendlichen Aufschwungs. Andere Gedichte, wie «Der Signalbläser», die «Erinnerung an die Hundemarke» und «Was brauchst du, Kosak?», geigen das von jeder Illusion entblößte unverhüllte Gesicht des Krieges. Und endlich das «wütende Heer» ist die gespenstische Rückschau auf das im Kriege unerbittlich vernichtete Leben von Mensch und Tier.Nach dem ersten Kriege wurde kein Pferd mehr bestiegen. Die Zeiten waren arm. Aber umso deutlicher und ausgesprochener entsteht eine ganze Pferdephilosophie, die ihren letzten, ausgeprägtesten Ausdruck in den Rittmeistergeschichten und namentlich im «Pferdegruß» findet. Mit einem tiefsinnigen und gleichzeitig wehmütigen Lächeln wird in wenigen, spielerischen Worten umrissen, wie das Pferd am Abschluß einer Weltenzeit steht, als Symbol des Geweseilen, Lebendigen, als Endfigur. Das wirklich technische Zeitalter beginnt erst jetzt. Werner Bergen-gruen hat den Anbruch der neuen Zeit mit allen seinen Folgerungen so deutlich wie wenige gesehen. In einem Gedicht sagt er von sich:«Mein Erbe war das Los des Nachhutreiters und zu den Letzten hat mich Gott gezählt.» Die Gestalt des «letzten Rittmeisters» ist zugleich eine Spaltung seiner eigenen Natur gewesen. Er sagt über den Rittmeister in seinen drei Ausformungen:«Wasgehört zum Rittmeister? Vor allem ein nüchterner Pferde- und Menschenverstand und ein entschlossener Charakter. Zum «typischen» Rittmeister gehört schon mehr: jenes Gemisch von Lässigkeit und Haltung, das nicht erlernt und nicht nachgeahmt werden kann. Und beim «klassischen» Rittmeister muß noch etwas ganz Anderes hinzukommen. Er ist der letzte Repräsentant der alten, viele Jahrhunderte umschließenden Zeit, der letzte einer langen Reihe. Er weiß, daß seine Tage nicht nur von Gott gezählt sind, sondern auch von den Menschen. Er weiß, daß er ein Anachronismus ist. Diese Kenntnis gibt ihm einen Schuß heimlicher Selbstironie, zugleich aber etwas von der Gelassenheitganz a^ter Menschen, die nichts Beunruhigendes und Bedrohliches mehr anrühren kann, da sie wissen: bevor die Drohung sich erfüllt, sind wir ihr bereits entrückt.»Er war ein «letzter Rittmeister», ein letzter Erzähler und Versemacher, ein letzter von denen, die ihr Erbteil in der Geschichte, im Christentum und in der Dichtung hatten, die aber aus der lebendigen Natur - und Herz ihr gehörte das Pferd, - noch ihre Kräfte fiebert konnten.Es wäre noch ein Wort zu sagen über die dichterische Erfassung des Pferdes. In seinen hinterlassenen aufzeichnungen finden sich zwei Stellen über die Behandlung des Tieres und insbesondere des Pferdes in seinem Werk.«In nicht ganz wenigen meiner Gedichte und Erzählungen habe ich mir mit Tieren zu schaffen gemacht, ebenso wie auch in meinem Leben von Kindheit an. Vielleicht war es gerade meine Liebe zum Tier als letztem Stück Schöpfungswirklichkeit, was mich dem Genre der Tierfabel fernbleiben ließ, in welchem die Tiere als in Felle oder Vogelbälge gesteckte Menschen auftreten.Bergengruen gehört nicht zu jenen Dichtern, die das Tier vermenschlichen, sondern er versucht, das Tiermotiv in der Literatur da fruchtbar zu machen, wo es auf irgendeine Art Tier und Mensch zueinander in Beziehung setzt., Der Sommer der Jahrhundertwende Die Pferdetante Gespräch zwischen Werner Pawlowitsch und Musa Petrowna über den russischen Kutscher Lied der Kentauren Der erste Patrouillenritt Eine ungeschriebene Novelle Die Cholerazulage Der Signalbläser Erinnerung an die Hundemarke Was brauchst du, Kosak ? Das wütende Heer Reitergedanken Zwei Hirtenlieder aus der Hortobägy-Puszta Duschkas Lied Der Flankierbaum Die sieben Schimmel Ali Baba und die vierzig Pferdekräfte Weinzäpfli und Bassompierre Der Pferdegruß Die Sporen.."Auszüge aus dem Buch

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