Dirigent und Generalmusikdirektor (1883-1956): Masch. Brief mit eigenh. U.

4°. 1 S. Auf eigenem Briefpapier "Staatsrat Professor / Hermann Abendroth / Generalmusikdirektors des Deutschen Nationaltheaters // Weimar" an den Konzertveranstalter Dr. Joachim Wyss, der eine Konzertreise in die Schweiz vorbereiten soll: "[…] Ich dirigiere noch - sogar recht heftig. Aber nur in meiner Zone. Seit den drei Jahren meiner hiesigen Tätigkeit habe ich rund 40 Einladungen in die Westzone abgelehnt, lediglich wegen der Reise und Grenzschwierigkeiten, denen ich mich nicht aussetzen kann und will. Innerhalb meiner Zone bin ich viel unterwegs, war schon zweimal in Berlin (Staatsoper), zweimal in Dresden, einmal in Leipzig und in vielen anderen Städten Thüringens und Sachsens. Das Ausland hat sich bisher nur zweimal gemeldet: Schweiz (Neue Bachgesellschaft, deren Vorstandsmitglied ich bin) und Schweden. … Dass ich für Auslandsgastspiele die Ausreise bekommen würde, glaube ich mit Bestimmtheit. Frage ist nur, ob es für uns Deutsche nicht noch etwas zu früh ist. Die Erfahrungen, die F u r t w ä n g l e r und G i e s e k i n g jüngst mit Amerika gemacht haben, geben zu denken. Vestigia terrent! [= "die Spuren schrecken mich ab" (sagt der Fuchs in der Fabel Äsops und weigert sich, in die Höhle des Löwen zu gehen, weil Spuren von Tieren nur hineinführen)]. Immerhin: in der Schweiz scheint man ja auf einem anderen Standpunkt zu stehen […]" - // - Hermann Abendroth dirigierte ab 1934 das Gewandhausorchester zu Leipzig. Sein Vorgänger Bruno Walter musste als Jude das Dritte Reich verlassen. 1945 übernahm er die Staatskapelle Weimar (ab 1947 als Generalmusikdirektor) und leitete bis zu seinem Tod die Rundfunk-Sinfonieorchester Leipzig und Berlin. - Unser Brief bietet einen interessanten Einblick in die Nachkriegszeit. Abendroth hat ebenso wie die erwähnten Kollegen Wilhelm Furtwängler (Dirigent und Komponist, 1886-1954) und der Pianist Walter Gieseking (1895-1956), nach 45 mit den Folgen der zu großen Nähe zum Nationalsozialistischen Staat zu kämpfen. Alle drei waren auch auf Hitlers "Gottbegnadeten-Liste" aufgeführt. Abendroth kamen bei der Fortführung seiner Karriere in der russischen Zone seine Besuche in der Sowjetunion in den 20ger Jahren zugute. Anlässlich seines ersten Todestages brachte die "Deutsche Post" der DDR eine Abendroth-Sondermarke heraus. Er galt als "Furtwängler der DDR". - Gelocht, Papier altersbedingt gebräunt, sonst sehr gut

Autographen, autographs, Musik, DDR