Die Weiße Frau. Eine Hof- und Familiengeschichte aus dem achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert. 3 Bände.

396, 700, 434 S. Sehr seltene Buchausgabe des Romans von Mylius, der zwischen 1863 und 1870 in der Zeitschrift "Erheiterungen" als Fortsetzungsroman erschienen ist. Der Roman wurde in 3 verschiedenen Verlagen gedruckt, vermutlich wegen der langen unterbrochenen Erscheinungsdauer in den "Erheiterungen". Mylius orientiert sich hier an dem kurz zuvor veröffentlichten und 1862 auf Deutsch erschienenen Spannungs- und Kriminal-Roman von Wiliie Collins "Die Frau in Weiß". ///// Der Roman ist eine kolportagehafte Mischung von Schauer- und Kriminalroman. Zeit: Französische Revolution um 1792 und napoleonische Zeit ubis 18127. Ort: das kleine Fürstentum Waldau im Deutschen Reich, gehört zu den Rheinbundstaaten. Inhalt: Die schöne Caroline, Tochter des Obristen Geiler von Kaisersheim, verliebt sich in ihren Jugendgespielen Ludwig von Idstein und findet Gegenliebe. Sie verloben sich heimlich. Als Caroline an den Hof des Kleinstaates Waldau kommt, fängt Ludolf von Waldau, der verdorbene und wüste Sohn des Fürsten, an, sich für sie zu interessieren. Ihre Tante, die ehrgeizige Gräfin Ferneck, sieht darin ein Mittel für ihr eigenes Vorwärtskommen und fördert diese Beziehung. Im Schloss soll eine "weiße Frau" umgehen, die sich erstmals kurz vor dem Tod der Fürstin im Schloss gezeigt hat. (Um die Wahrheit der Erscheinungen zu überprüfen, wird der Geisterforscher Jung-Stilling an den Hof geholt und bestätigt die Geisterseherei.) Der Fürst, ein gutmütiger, aber wenig tatkräftigen Greis, findet ebenfalls Gefallen an Caroline und beschließt, sie zu heiraten. Von Idstein und Ludolf sind entsetzt, aber die Gräfin Ferneck sieht ihre ehrgeizigen Pläne verwirklicht und übt Druck auf ihre Nichte aus. Die Heirat ruft einen Skandal hervor, Caroline (inzwischen Gräfin von Thannheim) ist unglücklich, am Hof isoliert und angefeindet, und beginnt mit Ludolf ein Verhältnis. Ludolf verkleidet sich bei den heimlichen Besuchen als weiße Frau. Die Gräfin Ferneck, die diese Besuche ausspionieren will, trifft dabei auf Ludolf und wird von ihm erwürgt. Der unglückliche von Idstein steht in der Residenz zwischen allen Fronten und verlässt den Hof. Auf der Rückreise in die Heimat entgeht er nur durch Zufall einem Mordanschlag, den Ludolf veranlasst hat. Gleichzeitig initiiert Ludolf eine Verschwörung unter den Offizieren der Residenz, die ihm, dem jüngsten Sohn des greisen Fürsten, nach dessen Tod die Erbfolge sichern soll. Es existieren davon Protokolle und Aufzeichnungen, die von Idstein in die Hand fallen. Ludolf gibt dem windigen Buchverkäufer Hühnerdorf den Auftrrag, die Papiere zu stehlen und Ludwig von Idstein durch Gift zu töten. Auch der zweite Mordanschlag misslingt und und Ludwigs Neffe, der Jurastudent Adam, beginnt mit detektivischen Nachforschungen. Ludwig wird immer gefährlicher für Ludolf, da er Informationen hat über ein Hoffräulein, das Ludolf durch Verführung in den Tod gerieben hat. Und Hühnerdorf, sein Komplize benutzt die gestohlenen Verschwörungsprotokolle, um einzelne Offiziere zu erpressen, was den geplanten Staatsstreich ins Wanken geraten lässt. Caroline, Gräfin von Thannheim, am Hof völlig isoliert und von Ludolf bedrängt, macht sich abhängig von der Kartenlegerin Niethammer, die ein intrigantes Spiel spielt und an allen Fronten ihr Süppchen kocht. (Sie wandelt sogar als weiße Frau durch die Gänge des Schlosses.) Als Ludolf mit seiner "Mörderhöhle" (Grupe ihm zugeneigter Offiziere) losschlagen will, kneifen seine Mitverschwörer, der Fürst und die älteren Brüder erfahren von dem Komplott und beschließen Ludolf zu verhaften. Eine starke Gruppe um die Gräfin von Thannheim versucht Ludolf vor der Bestrafung zu retten und von Idstein kaltzustellen. Am Ende des 2. Bandes steht die Sache in der Schwebe. Der Schurke Ludolf ist unantastbar. Der 3. Band speilt ca. 12-13 Jahre später. Hühnerdorf kommt nach Waldau zurück und empfiehlt sich slch als Poizeispion. Sein Vorgesetzter, der Polizeidirektor von Langendorf erfährt von Adam von Idstein, dem Neffen Idsteins, von den Verfehlungen Hühnerdorfs und beschließt an die verborgenen Papiere zu gelangen, um sie für seine Karriere zu nutzen. Als einge Jahre nach dem Todes alten Füsten seine Witwe schwanger von Ludof wird, entwift die Niethammerin einen verbrecherischen Plan, de zu einem schauerlichen und furchtbaren Ende führt, be dem auch die "weiße Frau" wieder auftritt. ///// Der Roman ist sprachlich wie strukturell ein gediegenes und spannendes Werk. Die Sprache des Hofmilieus ist bestens getroffen, es wimmelt von Fremdwörtern, gehobenen Formulierungen, ungewöhnlich für einen Feuilletonroman, der das Kleinbürgertum ansprechen will. Die scharfe Ablehnung des Hoflebens in der Restauration und die Vorliebe für Volkssouveränität und Menschenrechte wird in den karikierte Figuren der Hoschranzen deutlich sichtbar. Der Erzähler ist Bürgerlicher und zeigt das auch offen. Die Schauerelemente des Romans, die in den Auftritten der "weißen Frau" und den Kartenprophetien der Niethammerin gipfeln, werden durch reale Ursachen erklärt, zeigen aber deutlich den Aberglauben des Volkes - und der Vornehmen, wie der Fürstin Gräfin von Thannheim. Die "Hexe" ist ein die Handlung voran treibendes Element, weil sie durch ihre Prophetieen sowohl die Thannheim wie Prinz Ludolf zu Entscheidungen zwingt.

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